Delegieren – Das unterschätzte Führungsinstrument
Delegieren können ist eine wichtige Fähigkeit für erfolgreiche Führung. Wer es richtig macht, hat mehr Zeit für strategische Entscheidungen, fördert die Entwicklung seines Teams und sorgt für eine produktivere Zusammenarbeit. Aber wie geht richtig delegieren eigentlich? Und was hindert so viele daran, Aufgaben abzugeben.
Warum ist delegieren wichtig?
Zwei Drittel der deutschen Führungskräfte sind erschöpft, würden gerne Aufgaben abgeben. Doch viele schaffen es nicht effizient zu delegieren. Oder brechen Delegationsversuche frustriert ab, da die Aufgaben wieder zu ihnen zurückkommen.
Effektives Delegieren ist auch mehreren Gründen wichtig. Zum einen verschafft die Führungskraft sich selbst wieder mehr Zeit und vor allem Fokus auf wichtige Aufgaben. Zum anderen fördert das Delegieren von Aufgaben das Vertrauen und die Motivation der Mitarbeitenden. Genau deshalb sollten auch nicht nur Routineaufgaben abgegeben werden, sondern auch anspruchsvollere Aufgaben, anhand derer die Mitarbeitenden Einblicke in die Führungsrolle erhalten. So bereiten Sie als Führungskraft auch zukünftige Führungskräfte vor.
Als Führungskraft ist es nicht Ihre Aufgabe jeden einzelnen Task selbst zu erledigen – sondern auszuwählen, wo welche Aufgabe ideal aufgehoben ist. Statt in den Burnout zu steuern, weil zu viele Aufgaben auf dem Tisch liegen, lohnt es sich richtig delegieren zu lernen.
Wenn du unsicher bist, ob du eine Aufgabe abgeben kannst, dann halte dich an die 70 % Regel: Wenn jemand eine Aufgabe zu mindestens 70 % deiner Standards erfüllen kann, delegiere sie an diese Person.
Die 7 goldenen Regeln der Delegation
Delegieren ist mehr als einfach nur Aufgaben weiterreichen. Es geht darum, klare Strukturen und Erwartungen zu schaffen. Hier die wichtigsten Schritte, die du beachten solltest:
- Kontext bereitstellen: Keine Aufgabe funktioniert im luftleeren Raum. Vermittel den Mitarbeitenden, warum diese Aufgabe wichtig ist und wie sie ins große Ganze passt.
- Ressourcen bereitstellen: Alles Nötige zur Verfügung stellen – von Tools bis zu Informationen. Ohne das wird’s wie Kuchen backen ohne Mehl.
- Klare Erwartungen setzen: Wer nicht weiß, was am Ende rauskommen soll, wird nur herumstochern. Definiere: Was ist das Ziel? Wann ist es gut genug?
Teile immer den Hauptzweck einer Aufgabe mit. Auf diese Weise wird das Hauptziel auch dann erreicht, wenn sich Pläne ändern. Dies ermöglicht es den Mitarbeitenden, Entscheidungen zu treffen, die mit der Hauptvision der Leitung übereinstimmen. - Feedback-Mechanismen etablieren: Check-ins vereinbaren – nicht zu häufig, aber auch nicht zu selten. So bleibt alles auf Kurs.
- Geduld und Anleitung bieten: Delegieren ist keine Einbahnstraße. Lasse Raum für Fragen, Lernen und den ein oder anderen Fehler.
- Bemühungen anerkennen: Ein „Gut gemacht!“ kann Wunder wirken – und motiviert für die nächste Aufgabe.
- Nachverfolgen: Kontrolle ist kein Misstrauen, sondern Wertschätzung. Gib abschließendes Feedback, um den Prozess abzurunden.
Wer, was, wann: Klare Rollenverteilung
Effektives Delegieren funktioniert nur, wenn drei grundlegende Fragen eindeutig geklärt sind: Wer ist verantwortlich? Was genau ist zu tun? Bis wann muss die Aufgabe abgeschlossen sein?
Wer ist verantwortlich?
Definiere eine klare Verantwortlichkeit. Delegieren bedeutet nicht, die Aufgabe „ins Team“ zu geben, sondern genau festzulegen, welche Person für die Ausführung und mögliche Rückfragen zuständig ist. Das schafft Verbindlichkeit und verhindert, dass Aufgaben liegenbleiben oder von mehreren Personen gleichzeitig bearbeitet werden.
Was genau ist zu tun?
Eine präzise Beschreibung der Aufgabe ist essenziell, um Missverständnisse zu vermeiden. Nutze dafür das SMART-Prinzip: Die Aufgabe sollte spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminiert formuliert sein. Je genauer du formulierst, was das Ziel der Aufgabe ist und welche Ergebnisse erwartet werden, desto wahrscheinlicher ist eine erfolgreiche Umsetzung.
Bis wann muss die Aufgabe abgeschlossen sein?
Ein klarer Zeitrahmen hilft, Prioritäten zu setzen und sicherzustellen, dass die Aufgabe rechtzeitig erledigt wird. Ohne eine Deadline riskierst du, dass die Aufgabe aufgeschoben oder in der Priorität heruntergestuft wird. Stelle außerdem sicher, dass die Deadline realistisch ist und mögliche Engpässe im Vorfeld geklärt sind.
Die 5 Stufen der Delegation
Delegieren ist ein Prozess. Die Kunst besteht darin, Mitarbeitende schrittweise zu mehr Eigenständigkeit zu führen. Diese 5 Stufen nach Michael Hyatt beschreiben den Prozess:
1. Warten auf Anweisungen
In dieser Phase erwartet das Teammitglied, dass du jeden Schritt vorgibst. Es gibt wenig bis keine Eigeninitiative, und du musst klare Anweisungen sowie den Kontext der Aufgabe liefern.
Praxisbeispiel:
„Bitte erstelle einen Statusbericht für unser aktuelles Projekt. Die wichtigsten Punkte findest du in den Projektplänen und dem letzten Team-Meeting-Protokoll. Der Bericht soll bis Freitag fertig sein und an alle Stakeholder geschickt werden.“
Hier gibst du nicht nur die Aufgabe vor, sondern erklärst auch genau, wo die notwendigen Informationen zu finden sind und bis wann das Ergebnis benötigt wird.
2. Fragen, was als Nächstes zu tun ist
Jetzt beginnt das Teammitglied, aktiver zu werden. Es führt die Aufgabe aus, meldet sich aber immer noch regelmäßig bei dir, um nach dem nächsten Schritt zu fragen.
Praxisbeispiel:
Das Teammitglied hat den Statusbericht erstellt und fragt: „Soll ich die Details zu den offenen Aufgaben mit in den Bericht aufnehmen? Und wer soll die Prioritäten für die nächsten Schritte definieren?“
Deine Aufgabe ist es hier, weiter Anleitungen zu geben, während du das Teammitglied dazu ermutigst, eigene Vorschläge zu machen.
3. Empfehlungen geben, dann handeln
In dieser Phase übernimmt das Teammitglied mehr Verantwortung. Es schlägt Lösungen vor und setzt sie nach deiner Bestätigung um. Du prüfst die Vorschläge und gibst Feedback.
Praxisbeispiel:
„Ich habe den Statusbericht erstellt und denke, dass wir eine Übersicht der kritischen Abhängigkeiten hinzufügen sollten. Dafür könnte ich die Meilensteine aus dem Projektplan einbinden. Passt das?“
Hier kannst du entweder zustimmen oder das Vorgehen anpassen:
„Ja, das ist eine gute Idee. Schau, dass du die Abhängigkeiten knapp hältst und sie klar priorisierst.“
4. Handeln, dann informieren
Jetzt handelt das Teammitglied selbstständig und informiert dich erst nach Abschluss der Aufgabe. Du bist nicht mehr im Detail involviert und erhältst lediglich ein Update.
Praxisbeispiel:
„Der Statusbericht ist fertig und an alle Stakeholder verschickt. Ich habe die kritischen Abhängigkeiten hervorgehoben und Vorschläge für die nächsten Schritte eingebaut. Wenn du möchtest, kann ich den Bericht für das nächste Meeting vorstellen.“
Deine Rolle besteht nun darin, das Endergebnis zu überprüfen und Feedback auf einer übergeordneten Ebene zu geben.
5. Unabhängig handeln
Das Teammitglied übernimmt die Aufgabe vollständig eigenverantwortlich. Es meldet sich nur noch bei dir, wenn es neue Entwicklungen gibt oder Unterstützung benötigt.
Praxisbeispiel:
Das Teammitglied erstellt Statusberichte, stimmt sie selbstständig mit Stakeholdern ab und sorgt dafür, dass kritische Punkte im Projekt-Meeting diskutiert werden. Es informiert dich nur noch über die wichtigsten Ergebnisse und Herausforderungen, damit du strategische Entscheidungen treffen kannst.
Effizient delegieren: So startest du richtig
Effektives Delegieren beginnt mit einer systematischen Vorbereitung. Bevor du Aufgaben verteilst, ist es wichtig, dir Klarheit über deine To-dos zu verschaffen und sie gezielt zu priorisieren. Nützliche Tools und Methoden können die Delegation deutlich strukturierter machen und dir beim Starten helfen.
1. Definiere deine Aufgaben
Der erste Schritt ist, alle deine typischen Aufgaben aufzuschreiben. Notiere, was du täglich, wöchentlich oder gelegentlich erledigst. Ordne diese Aufgaben anschließend nach Kriterien wie Zeitaufwand, Bedeutung und Wiederholungsrate.
Frage dich bei jeder Aufgabe:
- Ist das wirklich etwas, das nur ich machen kann?
- Könnte diese Aufgabe jemand anderes übernehmen?
Schon diese Auflistung zeigt oft, welche Aufgaben sich für eine Delegation eignen und wo möglicherweise noch Bedarf an Einarbeitung oder Unterstützung besteht.
2. Priorisiere mit der Eisenhower-Matrix
Nachdem du deine Aufgaben gesammelt hast, hilft die Eisenhower-Matrix dabei, diese nach Dringlichkeit und Wichtigkeit zu bewerten. Teile deine Aufgaben in vier Kategorien ein:
- Dringend und wichtig: Diese Aufgaben solltest du selbst erledigen, da sie direkt mit deinen Zielen verknüpft sind und sofortige Aufmerksamkeit erfordern.
- Wichtig, aber nicht dringend: Plane dir hierfür Zeit ein oder delegiere sie, um langfristige Ziele zu verfolgen, ohne selbst überlastet zu sein.
- Dringend, aber nicht wichtig: Diese Aufgaben sind ideale Kandidaten für eine Delegation. Sie müssen erledigt werden, haben aber keinen strategischen Wert.
- Weder dringend noch wichtig: Streiche oder minimiere diese Aufgaben. Sie kosten nur Zeit und bringen keinen Mehrwert.
Die Eisenhower-Matrix ist besonders hilfreich, um dich auf strategische Aufgaben zu fokussieren, während du operative Tätigkeiten effizient delegierst.
3. Priorisierung und Teilung
Eine weitere Möglichkeit, Aufgaben zu priorisieren, ist die Bewertung nach ihrem Aufwand und Einfluss. Diese Methode ergänzt die Eisenhower-Matrix und hilft dir, Aufgaben klar einzuordnen:
- Quick Wins (niedriger Aufwand, hoher Einfluss): Diese Aufgaben solltest du bevorzugt erledigen oder delegieren, da sie schnell sichtbare Ergebnisse liefern.
- Fokus-Aufgaben (hoher Aufwand, hoher Einfluss): Diese Aufgaben sind strategisch wichtig und erfordern deine volle Aufmerksamkeit oder erfahrene Teammitglieder.
- Füllmaterial (niedriger Aufwand, niedriger Einfluss): Diese Aufgaben sind ideal zum Delegieren.
- Nicht machen (hoher Aufwand, niedriger Einfluss): Vermeide oder eliminiere diese Aufgaben, da sie ineffizient sind.
4. Erstelle eine Entscheidungsliste
Nicht jede Entscheidung muss über deinen Schreibtisch gehen. Definiere, wer welche Entscheidungen treffen darf, um Rückfragen zu minimieren und Verantwortung zu verteilen.
- Ich: Entscheidungen, die du selbst triffst.
- Team: Entscheidungen, die im Konsens oder per Mehrheitsbeschluss getroffen werden.
- Einzelpersonen: Entscheidungen, die bestimmte Teammitglieder eigenständig oder mit Rücksprache treffen.
Ein Beispiel: Ausgaben unter 500 Euro können von einer Person oder dem Team entschieden werden, während strategische Projektziele Rücksprache mit dir erfordern. Klare Vorgaben fördern Eigenständigkeit und sparen Zeit.
5. Zerlege komplexe Aufgaben
Größere Projekte oder komplexe Aufgaben lassen sich nicht immer sofort vollständig delegieren. Zerlege sie in kleinere, machbare Schritte. Dadurch kannst du die Verantwortung schrittweise übertragen und sicherstellen, dass dein Team die Aufgabe versteht und erfolgreich umsetzt.
Kommuniziere immer den größeren Kontext der Aufgabe, damit dein Team weiß, wie ihre Arbeit ins Gesamtbild passt.
Fazit: Delegieren ist der Booster für dein Team
Delegieren ist kein Kontrollverlust, sondern eine strategische Entscheidung. Mit den richtigen Regeln und Methoden wird es zum Erfolgsfaktor – für dich und dein Team. Also: Traue dich, Verantwortung abzugeben, und erlebe, wie dein Team und du gemeinsam wachsen!
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