Am Beispiel eines Kundenprojekts wird in diesem Artikel erläutert, wie eine Projekt Retrospektive mit mehreren Teams ablaufen kann.
Das Projekt-Setup
Die Projekt-Organisation ist nach LeSS ausgerichtet mit 20 bis 25 Areas und insgesamt ca. 35 Teams. Die Retrospektive fand im Rahmen der Cadence Change Days (CCD) statt, an denen das Review der vergangenen 3 Monate und die Planung der nächsten 3 Monate besprochen worden sind. An den CCDs nahmen die Area Produce Owner, der Führungskreis der Organisation und einige Team-Mitglieder statt.
Ablauf der Projekt Retrospektive
Die Retrospektive wurde in 2 Teilen durchgeführt: 1. sammeln von Feedback und 2. Generierung von Maßnahmen zur Optimierung. Wir haben uns Gedanken gemacht, wie ein wertvolles Feedback aus der großen Teilnehmergruppe von über 50 Personen mit unterschiedlichen Interessen (Führungskräfte, Product Owner, Team-Mitglieder) erhalten. Wir haben uns schnell darauf geeinigt, dass wir die Product Owner und die Führungskräfte in zwei verschiedene Gruppen unterteilen, um von beiden Gruppen ein eigenes Bild zum aktuellen Projektstatus zu erhalten. Für das Einholen des Feedbacks haben wir auf die Liberating Structures–Methode 1-2-4-All zurückgegriffen.
1-2 wurde dabei in den beiden Gruppen durchgeführt, anschließend wurden beide Gruppen für das Bilden der 4er-Paare und dem Zusammenführen der Erkenntnisse vereint. Im Nachfolgenden ist der genaue Aufbau und Ablauf der Retrospektive beschrieben.
1. Vorstellung des Ablaufs der Projekt Retrospektive
In der großen Gruppe wurde der Ablauf der Retrospektive erklärt und der zeitliche Ablauf skizziert.
2. Aufteilung in zwei Teilgruppen
Anschließend wurden die beiden Gruppen „Product Owners und Team“ und „Führungskreis“ gebildet.
3. Einzelarbeit zur Beantwortung der Retro-Fragen
In Einzelarbeit sollte sich jeder 5 Minuten Gedanken zum Projekt machen. Die beiden zu beantworteten Fragen lauteten:
- Was ist gut gelaufen?
- Wo besteht Optimierungsbedarf?
Die Timebox dieser Einheit wurde auf 5 Minuten gestellt. Zielvorgabe: bis zu 5 Punkte pro Person, zu notieren auf Moderationskarten.
4. 2er-Gruppen bilden
Nachdem jeder für sich die beiden Fragen beantwortet hat, sollten zweier Teams gebildet werden. In den zweier Gruppen wurden die zuvor notierten Erkenntnisse diskutiert und die Kleingruppen einigten sich auf 4 bis 5 Moderationskarten, die für beide wichtig waren. Als Timebox galt hierfür 10 Minuten.
5. Get Together
Beide Teilgruppen wurden aufgelöst und im großen Raum wieder zusammengeführt. Es wurden anschließend vier große Gruppen gebildet, in denen die zweier Teilgruppen aus dem Schritt zuvor ihre Erkenntnisse untereinander vorstellten. Diese vier Gruppen hatten zur Aufgabe, aus den gesammelten Moderationskarten der zweier Teilgruppen 4 bis 5 Punkte herauszusuchen, die für alle Teilnehmer wichtig waren. Die Timebox wurde auf 10 Minuten gestellt.
6. Kurze Vorstellung und Priorisierung
Die vier Gruppen stellten ihre Ergebnisse kurz vor, in dem jede Gruppe ihre 4 bis 5 Moderationskarten an eine gemeinsame Metaplanwand hefteten. Dabei wurden gleiche Punkte bereits geclustert. Als Timebox galt 2 Minuten pro Gruppe.
Anschließend erfolgte die Priorisierung. Dazu bekam jeder Teilnehmer 2 Aufkleber, die er auf frei auf die verfügbaren Moderationskarten aufkleben konnte. Daraus wurden die 5 Modearationskarten/Themengebiete herausgesucht, die die meisten Votes erhalten haben.
7. Gemeinsame Überschrift finden
Für die 5 Themen wurden Gruppen gebildet. Dabei wurde darauf geachtet, dass in jeder Gruppe mindestens 3 Teilnehmer sind. Ansonsten war jedem die Einteilung zur jeweiligen Gruppe frei überlassen.
Die Aufgabe: jede Gruppe sollte für sich eine Überschrift des Themas finden. Dabei sollte das Thema in wenigen Worten umschrieben werden. Als Timebox wurden 10 Minuten vorgegeben.
8. Maßnahmen von der Projekt Retrospektive ableiten
Die in Schritt 5 zusammengestellten Gruppen wurden am nächsten Tag damit beauftragt, Maßnahmen zur Optimierung der aufgekommenen Punkte herauszuarbeiten.
Schritt 1: Maßnahmen ableiten
Jede Gruppe sollte 2 bis 3 Maßnahmen ableiten und ihrem Punkt an eine Metaplanwand anbringen. Dazu wurde eine Timebox von 20 Minuten vorgegeben.
Wichtig dabei: jede Maßnahme wurde mit RAS ergänzt.
- R = Responsible -> an wen die Maßnahme adressiert wird
- A = Accountable -> wer die Maßnahme beauftragt (standardmäßig die jeweilige Gruppe und evtl. weitere Personen)
- S = Support -> von wem Support erwartet werden kann (aus dem Rahmen der Gruppe) und wer darüber hinaus Support leisten muss
Schritt 2: Vorstellen
Jede Gruppe bekam als Timebox 2 Minuten, um ihre Maßnahmen allen anderen Gruppen vorzustellen. Anschließend wurde ein gemeinsames Commitment abgegeben, dass alle an der Umsetzung der Maßnahmen arbeiten werden und die Umsetzung „überwacht“ wird.
Fazit der Projekt Retrospektive
Das Unterteilen der großen Gruppe in der Retrospektive in zwei Teilgruppen hat sehr gut funktioniert. Zwei Moderatoren waren in beiden Gruppen parallel und konnten dort die aufkommenden Fragen beantworten und die unterschiedlichen Gruppen daher gut begleiten.
Da der Führungskreis vom Rest der Teilnehmer getrennt war, wurden auch kritische Punkte wie zum Beispiel die genaue Aufgabe des Führungskreis im Projekt angesprochen. Anschließend hat eine offene Diskussion über die Optimierungspunkte und den abgeleiteten Maßnahmen stattgefunden.
Es wurde vereinbart, dass die Maßnahmen (bzw. deren Erfüllung) der Retrospektive in den Overall Reviews überprüft werden. Außerdem wurde sich geeinigt, dass solche Retrospektiven häufiger durchgeführt werden sollten.
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