Agile Projektmanagement Methoden sind in aller Munde. Doch wann eignet sich der Einsatz agiler Methoden und wann sollte auf andere Projektmanagement Methoden gebaut werden? Wann und warum sollte welche Projektmanagement Methode zum Einsatz kommen?
Dieser Beitrag liefert Antworten auf diese Fragen. Doch zunächst sehen wir uns an, welche Projektmanagement Methoden es gibt und wie sie unterschieden werden können.
Welche Projektmanagement Methoden gibt es?
Es gibt unzählig viele verschiedene Projektmanagement Methoden. Und neben den bekannten und offiziell benannten Methoden wie Scrum, Kanban oder Wasserfall, gibt es Mutationen. Viele Unternehmen entwickeln für sich passende Projektmanagement Methoden auf Basis von bekannten Modellen. Fünf der bekanntesten Modelle wollen wir Ihnen hier vorstellen.
1. Wasserfallmodell
Beim Wasserfallmodell verlaufen die Entwicklungsschritte nacheinander. Das Modell ist nicht flexibel und ob das richtige Produkt gebaut worden ist, stellt das Entwicklungsteam erst am Ende des Projekts fest. Späte Änderungen verursachen sehr hohe Kosten.
Wasserfall bietet sich dennoch an, wenn:
- Alle Anforderungen zu 100% klar sind.
- Der Projektinhalt nicht mehr geändert wird.
- Alle Beteiligten wissen, was sie zu tun haben.
Beispiel: Serienfertigung von Reifen.
2. V-Modell
Ähnlich wie auch beim Wasserfallmodell, verlaufen die einzelnen Entwicklungsphasen beim V-Modell sequentiell in Phasen. Beim V-Modell werden allerdings auch die Testphasen explizit benannt. Es kommt zu einer früheren Überprüfung, ob die Anforderungsbeschreibungen in die richtige Richtung gehen. Das Modell führt zu einer möglichst hohen Testabdeckung und beginnt dabei bei den Projektspezifikationen. Das V-Modell kommt vor allem bei der Entwicklung von mechatronischen Systemen zum Einsatz.
3. Scrum Methode
Das agile Vorgehensmodell Scrum ist eines der beliebtesten agilen Praktiken. Es wurde ursprünglich für die Softwareentwicklung entwickelt, kann aber unabhängig davon auch in anderen Bereichen eingesetzt werden. Scrum basiert auf Lean Development und zeichnet sich durch eine hohe Transparenz, Kommunikation und enge Zusammenarbeit mit dem Kunden aus. (Buchempfehlungen dazu erhältst Du hier.)
4. Design Thinking
Unter Design Thinking versteht man im Allgemeinen einen Ansatz zum Lösen von Problemen und zur Entwicklung neuer Ideen. Das Modell setzt den Kunden in den Fokus. Aus Anwendersicht wird die Problemstellung betrachtet und eine Lösung dafür gesucht. Design Thinking an sich ist keine Projektmanagement Methode, die für lang andauernde Projekte eingesetzt wird. Es ist vielmehr ein kreativer Prozess, der Prototypen, Lösungsoptionen und Ideen als Ergebnis fördert. Wenn Du mehr über das Thema erfahren möchtest, dann schau gerne bei unserem Design Thinking Beitrag vorbei.
5. Kanban für Projekte
Ursprünglich ist Kanban eine Methode aus der Produktionsprozesssteuerung. Die einzelnen Prozessschritte werden dabei auf einem (Kanban) Board visualisiert und Produktionsengpässe dadurch transparent und sichtbar gemacht. Der visualisierte Arbeitsfluss trägt dazu bei, dass die Arbeit schneller und effizienter durchgeführt werden kann.
Kanban kann auch für Projekte eingesetzt werden. Im Wesentlichen besteht das Kanban Board aus den Spalten To Do, In Progress und Done. Einen Projektmanagement Prozess mit Kanban aufzusetzen, kann leichtgewichtiger und flexibler sein, als zum Beispiel Scrum dafür einzusetzen.
Siehe dazu auch unseren Beitrag zu Kanban für die IT.
Wann werden agile Methoden eingesetzt?
Der Vorteil von agilen Methoden ist, dass diese schrittweise vorgehen. Zum Beispiel in Projekten, in denen der Kunde noch nicht genau weiß, was er eigentlich haben möchte. Agile Methoden, u.a. auch Scrum oder Design Thinking, können in fast allen Bereichen und Projekten eingesetzt werden. Sie zeichnen sich durch hohe Transparenz, schnelle Anpassungsfähigkeit und Kundenzentrierung aus.
Heutzutage ist es kaum noch möglich, ein Projekt ohne agile Methoden durchzuführen. Dabei wird leider zu selten hinterfragt, ob das gewählte Vorgehensmodell für das Projekt wirklich passend ist. Agile Arbeitsweisen sind nicht immer zielführend. Zudem kann es bei der Einführung auch zu zahlreichen Stolpersteinen kommen.
Scrum ist kein Allheilmittel
Scrum in dessen Reinform ist nicht auf das Projektgeschäft ausgerichtet. Das Vorgehensmodell eignet sich eher bei einer strategischen Entwicklung von Produkten. Kontinuierliche Weiterentwicklung und Anpassung an die Kundenwünsche stehen im Fokus. Nichtsdestotrotz lässt sich auch Scrum als eine Projektmanagement Methode anwenden. Allerdings darf Scrum nicht als Allheilmittel angesehen werden, das in jedem Fall passend ist. Für jedes Projekt muss abgewogen werden, ob Scrum zielführend ist oder eben nicht.
Hybrides Projektmanagement
In der Praxis entwickeln sich aus agilen oder klassischen Projektmanagement Methoden häufig hybride Formen. Diese erweisen sich oftmals als ideale Lösung, da sie die Vorteile beider Extrem-Methoden vereinen und für das jeweilige Unternehmen passende Lösungen entwickeln.
Wann welches Modell?
Wann eignet sich welche Projektmanagement Methode? Dazu gibt es keine einfache Antwort. Doch zumindest eine Annäherung. Wir haben Dir hier einen Ansatz zusammengestellt, der sich der Frage widmet. Dazu gibt es vier Fragen. Beantworte diese Fragen bitte jeweils auf einer Skala von 1 bis 5, wobei 5 für volle Zustimmung steht.
Entscheidungshilfe passende Projektmanagement Methode
- Ist die Technologie bekannt?
- Hast Du in der Vergangenheit bereits ähnliches gemacht?
- Kennst Du alle Anforderungen?
- Kannst Du die Aktivitäten der nächsten 3 Monate planen?
Nimm jetzt den Mittelwert der Antworten zu 1 und 2 und den Mittelwert der Antworten zu 3 und 4 und zeichne beides auf einer Skala auf.
Beispiel zur Entscheidungsmatrix
Frage | Antwort | Mittelwert (1+2; 3+4) |
---|---|---|
Technologie bekannt | 2 | |
Ähnliches gemacht | 2 | 2 |
Anforderungen bekannt | 4 | |
3 Monate planbar | 2 | 3 |
Übertrag in eine Stacey Matrix
Die Mittelwerte können jetzt in eine Stacey Matrix übertragen werden. Das folgende Bild zeigt eine leere Stacey Matrix als Grundlage.
In dem oben genannten Beispiel würde der Mittelwert 2 von den Technologie-Fragen ungefähr auf Höhe des „T“s in der Technologie-Achse eingetragen werden. Der Mittelwert 3 der Anforderungen-Frage ist Mittig auf der Anforderungsachse einzuzeichnen. Im nächsten Schritt können wir uns dann ansehen, bei welchen Konstellationen welche Projektmanagement Methode zum Einsatz kommt.
Die hier dargestellte Matrix vereint die Stacey Matrix mit dem Cynefin Framework. Es soll dazu dienen, zu entscheiden, welches Vorgehensmodell für das Projekt passend ist. Dabei wird die Matrix in 4 Bereiche unterteilt: einfach, kompliziert, komplex und chatotisch.
Das zuvor beschriebene Beispiel war in der Mitte der Anforderungen-Achse und ungefähr auf Höhe des „T“s auf der Technologie-Achse. Nach der abgebildeten Einteilung wäre das Projekt im komplizierten bis komplexen Umfeld. Im nächsten Bild sehen wir uns an, welche Projektmanagement Methode in diesem Umfeld geeignet ist.
Alternative Darstellung in Conceptboard erstellt:
Wann sind agile Methoden sinnvoll?
Einfach – agile Methoden vermeiden
In einem einfachen Umfeld sind die Anforderungen klar und eindeutig. Die Technologie ist bekannt und altbewährt. In diesem Bereich können das V-Modell oder auch das Wassertfallmodell eingesetzt werden. Der Einsatz von agilen Methoden könnte hier sogar schädlich für den Projekterfolg sein. Agile Methoden würden zu viel Aufwand und Overhead produzieren und keine Mehrwert liefern.
Kompliziert – agile Methoden können helfen
Im komplizierten Bereich sind die Anforderungen schon nicht mehr so klar. Und auch die Technologie kann neuer sein. Agile Vorgehensweisen können hier bereits helfen, zum gewünschten Ergebnis zu kommen. Vielleicht bewegt sich ein Projekt auch zwischen kompliziert und komplex. Gängige Projektmanagement Methoden sind hier Kanban und hybrides Projektmanagement.
Komplex – die agile Welt
Komplexe Welten sind wie gemacht für agile Vorgehensweisen. Der Einsatz von Scrum oder Extreme Programming für Teams, OKRs zur Synchronisation mit Unternehmenszielen oder LeSS für die Skalierung von Scrum bieten sich an.
Chaotisch – Innovation ist gefragt
Ein konkretes Vorgehensmodell wie Scrum ist hier schon zu strikt. Und Wasserfall zu unflexibel. Im Bereich Chaos wird etwas gemacht, was vorher noch nicht gemacht worden ist. Und bei dem es auch nur eine wage Idee von der späteren Lösung gibt. Bewährte Prozesse und Vorgehensmodelle sind hier Lean Startup und Design Thinking. Im Laufe des Projekts kann aus einem Chaotischen Projekt ein Komplexes Projekt werden. Dann können Strukturen und Vorgehensmodelle eingeführt werden. Bis dahin heißt es: schnell Prototypen bauen, experimentieren, Feedbackback einholen und die grundlegende Richtung herausfinden.
Checkliste: wann eignen sich agile Methoden?
Die folgende Checkliste kann herangezogen werden, um zu entscheiden, ob sich für das eigene Thema agile Projektmanagement Methoden anbieten:
- Einordnung außerhalb des Einfach-Bereichs in der Stacey Matrix
- Inkrementelle Entwicklung möglich
- Änderungen im Projekt-Scope sind wahrscheinlich
- Das Umfeld ist für agile Methoden geeignet
- Das Management steht hinter agilen Methoden
- Bereitschaft in Training und Coaching zu investieren
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Fazit
Es gibt viele verschiedene Projektmanagement Methoden. Sie haben alle ihre Daseinsberechtigungen. Und manchmal ist es gar nicht so leicht zu entscheiden, wann welche Projektmanagement Methode passend ist. Die vier oben genannten Fragen können einen Ansatz zur Entscheidungsfindung darstellen. Wie die Mittelwerte auf der Stacey Matrix dargestellt werden und wann komplex beginnt und kompliziert endet, muss jedes Unternehmen für sich selbst herausfinden und entwickeln. Und auch dann wird es keine einfache Standardantwort auf die Frage geben können.
Doch die Fragen und die Stacey Matrix stellen eine Navigationshilfe dar. Anhand derer sich ein Unternehmen richten und entscheiden kann.
Das Beste zum Schluss!
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